Medieninformation zu Artist in Residence in der Kulturschlachterei Rendsburg vom 04.10. – 08.10.2020

Rendsburg. In das Atelier der Kulturschlachterei zieht der Lübecker Fotograf Martin Diesch für den Zeitraum vom 04.10. bis 08.10.2022 als Artist in Residence ein. Er zeigt dort, wie ein Fotograf um 1850 mit Holzkamera und dem sogenannten Nassplattenverfahren arbeitete. Des Weiteren sind Werke des Fotografen ausgestellt.

Mehr als sein halbes Leben lang begeistert den gebürtigen Augsburger die Fotografie. Den studierten Juristen faszinieren Kompositionen, Stilformen und Techniken. Vor allem die analoge Fotografie hat es dem 41-Jährigen angetan – im speziellen das so genannte Kollodium-Nassplatten-Verfahren, wie es Fotografen vor 150 Jahren angewandt haben. „Vor zehn Jahren habe ich begonnen, mich mit dieser außerordentlich spannenden Form der Fotografie zu beschäftigen – ich habe mich immer und immer wieder fortgebildet, mich mit Gleichgesinnten ausgetauscht und vor allem viel, sehr viel experimentiert.“ Die Verbindung aus Kreativität und Technik sind der Motor, die den Künstler zu Höchstleistung antreiben.

Das Kollodium-Nassplatten-Verfahren wurde 1850 von Frederick Scott Archer erfunden. Zur Herstellung wird eine Glasplatte mit einer Lösung aus Kollodiumwolle und Bromsalzen in Ethanol und Ether übergossen. Die präparierte Platte muss anschließend in Dunkelheit in eine Lösung von Silbernitrat gelegt werden. Die Nassplatte wird anschließend in einer lichtdichten Kassette in eine Kamera eingesetzt. „Für wenige Sekunden setze ich die Platte dem Licht aus und übergieße sie anschließend in der Dunkelkammer mit einer Eisensulfatlösung“, berichtet Diesch. Ihm nächsten Schritt wird das die Platte fixiert und mit einer sogenannten Firnis, einem transparenten Überzug versehen.


„Natürlich hat es diese mit nicht unerheblichem logistischen Aufwand verbundene Form der Fotokunst heute nicht leicht“, räumt Martin Diesch ein. Für seine Motivexkursionen ist er stets mit einer mobilen Dunkelkammer unterwegs. In Zeiten von Smartphones und unzähliger Filter-Apps sind mit wenigen Klicks imposante Aufnahmen zum Teilen in den Sozialen Netzwerken produziert. „Ich scheue den Vergleich zu meiner Arbeit aber nicht, denn beim Betrachten meiner Aufnahmen wird den Betrachtenden schnell deutlich – es ist nicht nur ein starres Abbild eines Gebäudes, einer bestimmten Szenerie. Das Bild erwacht förmlich zum Leben.“ Ein besonderes Erlebnis und zugleich eine höchst emotionale Bestätigung seiner Arbeit sei das Sommerfest des Buddenbrookhauses im vergangenen Jahr gewesen. „Besucher hatten die Möglichkeit, ein Kollodium-Portrait von sich anfertige zu lassen. Ich bekomme bis heute eine Gänsehaut, wenn ich mich an die Reaktionen der Gäste erinnere, wenn im Entwicklerbad ihr Gesicht auf der zuvor grauen Metallplatte heraustrat.“

Und noch etwas ist am Kollodium-Verfahren bemerkenswert: „Jedes Motiv ist ein Unikat, das es in dieser Form nur einmal geben wird.“ Durch die Arbeit mit Dunkelheit und Licht in Kamera und seiner mobilen Entwicklungskammer mit verschiedenen Chemikalien entstehen Ungereimtheiten. Kleine Störmomente. „Es sind keine Fotos, die mit Bearbeitungsprogrammen und Filters zur Makellosigkeit getrimmt wurden – es sind Fotografien mit Charakter.“

(c) Martin Diesch

Vier Motive umfasst die erste Serie von Martin Diesch, die exklusiv in den Shops der Lübecker Museen erhältlich sind. Neben Postkarten, Magneten und Notizbüchern gibt es auch eine limitierte Auflage als Acrylglasdrucke. „Dies sind wertige 1:1-Reproduktionen der Original-Fotoplatten“, sagt der Künstler.

“Wir von den Lübecker Museen freuen uns immer besonders über eine Zusammenarbeit mit lokalen Künstlern. Durch einige gemeinsame Projekte haben wir die Arbeit von Martin Diesch bisher schon sehr geschätzt und uns deshalb entschlossen, eine gemeinsame Produktlinie zu entwickeln, die es so nur bei den Lübecker Museen gibt. Wir wollten sowohl für die Lübecker:innen als auch für die Besucher:innen unserer Stadt aussagekräftige Motive haben. Der unverkennbare Stil von Martin Diesch bringt genau die Besonderheiten und Details unserer Hansestadt zum Vorschein, welche wir manchmal im Alltagstrubel vielleicht vergessen oder nicht mehr wahrnehmen.” erzählt Ines Bohnsack, Stellvertretende Shopleitung.

Mitte des Jahres 2022 hat der Fotograf sein Atelier auf der Lübecker Altstattinsel, in der Burgstraße 24 bezogen. “Damit geht ein lang gehegter Traum in Erfüllung.” schwärmt Diesch. Atelier, Dunkelkammer, Studio und Galerie an einem Ort vereint, ein kreativer Schaffensort, der stets neue und interessante Einblicke in eine fast verloren gegangene Handwerkskunst verschafft. “Ich bin sehr dankbar für die Möglichkeit, nun auch in Rendsburg in der Kulturschlachterei, Interessierten dieses Handwerk und meine Gedanken zum künstlerischen Schaffen mit dem Medium Fotografie vermitteln zu dürfen.” betont Diesch.

Martin Diesch lebt seit 2018 in Lübeck. „Ich habe den Norden, die Küste und das Meer immer geliebt, zusammen mit meiner Lebensgefährtin habe ich mir den Traum erfüllt und bin in diese wundervolle Stadt gezogen“, sagt Diesch. Arbeiten seiner digitalen Fotoserien sorgten übrigens 2020 bundesweit und im deutschsprachigen Ausland für Gesprächsstoff. Die ausdrucksstarken Schwarz-Weiß-Arbeiten der Kampagne „Ohne Kunst und Kultur wird’s still“, die Portraits von Vertretern besonders durch die Corona-Pandemie betroffener Branchen zeigt, entstanden in seinem Lübecker Fotostudio.

(c) Martin Diesch

Ort: Ist das Kunst? Galerie 42 – Altstädter Markt 2 – 24768 Rendsburg (Altstadtpassage)

Kontakt: Alexander Luttmann info@kulturschlachterei.org